Vortrag „Was sind die Grundlagen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit?“ Paderborn, 11. November 2016

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg am 11. November 2016 in der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Paderborn

 „Was sind die Grundlagen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit?

Welche Rolle spielt Religion, und welchen Beitrag leisten die Kirchen?

Wie begegnen wir den Flüchtlingsströmen auf unserem Planeten?“

Sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst einmal möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich für die Einladung bedanken, hier und heute in Paderborn einen Vortrag zu halten – und dies in einem für sie ganz besonderen Jahr. Denn erst vor wenigen Tagen haben Sie die Feierlichkeiten zum 1000-jährigen Jubiläum des Abdinghofs beschlossen. Auch wenn ich die vielfältigen Aktivitäten, Feierlichkeiten und eine offenbar großartige Ausstellung knapp verpasst habe, möchte ich dem Abdinghof an dieser Stelle nachträglich ganz herzlich zum 1000. Geburtstag gratulieren!

Wenn ich in meinen Vorträgen schon mal stolz darauf hinweise, dass die Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirchen in Deutschland seit über einem halben Jahrhundert besteht, kommt das mir – und auch dem Publikum – immer schon ziemlich lange vor. Aber das relativiert sich hier gerade gründlich… 1000 Jahre sind eine wirklich „lange“ Zeitspanne! Das zeigt allein der Vergleich mit anderen prominenten Geburtstagskindern in diesem Jahr: „Uns Uwe“ Seeler wird 80 – der reinste „Jungspund“ gegenüber dem Paderborner „Geburtstagskind“ Abdinghof. Aber selbst das älteste von mir gefundene Geburtstagskind, Franz von Assisi, wäre jetzt „erst“ 790 Jahre alt geworden. Sogar 500 Jahre Reformation, zu der die Feierlichkeiten im kommenden Jahr ihren Höhepunkt erreichen, sind nur halb so alt wie Abdinghof. Und was hat sich allein in diesen 5 Jahrhunderten alles an geschichtlichen, geistigen, kulturellen und religiösen Entwicklungen getan! Um beim Reformationsjubiläum zu bleiben: Das wurde in der Vergangenheit lieber strikt  national und konfessionell gebunden begangen und die Feierlichkeiten auch schon mal gerne zur Abgrenzung der Protestanten gegenüber den Katholiken genutzt. Das Reformationsjubiläum 2017 soll das völlige Gegenteil zur früheren „Abgrenzungspraxis“ werden, nämlich von Offenheit, Freiheit und Ökumene geprägt sein.

„Angesichts der täglichen Nachrichten mit immer neuen Schreckensmeldungen und -bildern, die uns derzeit aus aller Welt erreichen, kann man als halbwegs empathischer Mensch den Eindruck gewinnen, die Welt sei komplett aus den Fugen geraten.“

Eine durchaus wechselvolle Vergangenheit hat ja auch Abdinghof. Ich freue mich, dass Sie mich als Gastredner eingeladen haben und ich auf diese Weise auch „Teil“ Ihrer Jubiläumsfeierlichkeiten werde!

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Ein Redner wurde einmal gebeten, pünktlich um sechs Uhr anzufangen. „Und wie lange soll ich sprechen?“ fragte er den Clubpräsidenten (es könnte aber auch der Pfarrer einer westfälischen Kirchengemeinde gewesen seinJ). „Sprechen Sie so lange Sie möchten“, erwiderte der, „wir müssen allerdings alle um sieben weg.“

Bevor hier womöglich alle um sieben weg sind, nutze ich jetzt lieber die Gelegenheit, Ihnen möglichst anschaulich einen Überblick über die Strategien und Inhalte unserer staatlichen Entwicklungszusammenarbeit zu geben, den Fokus auf die aktuellen Krisenherde und Flüchtlingsströme  zu richten und schließlich  die Rollenverteilung von Kirche und Staat in der Entwicklungszusammenarbeit zu erläutern.

Ein altes Sprichwort sagt: „Über alles, was du siehst, denke nach.“

Wir sehen für die Entwicklungszusammenarbeit eine ganze Menge an Herausforderungen – leider keine kleinen, im Gegenteil: Angesichts der täglichen Nachrichten mit immer neuen Schreckensmeldungen und -bildern, die uns derzeit aus aller Welt erreichen, kann man als halbwegs empathischer Mensch den Eindruck gewinnen, die Welt sei komplett aus den Fugen geraten.

Der Nahe Osten scheint zu zerfallen; Terror bedroht nicht mehr nur Afghanistan, Irak, Syrien und weite Teile Afrikas, sondern auch Europa, Deutschland. Der Konflikt mit Russland um die Ukraine und die innenpolitischen Entwicklungen in der Türkei scheinen da fast schon eine Kleinigkeit zu sein. Vor allem die Flüchtlingsströme bringen viele Länder an die Belastungsgrenzen. Dabei wird bei aller medialen Überflutung und Berichterstattung leicht vergessen, dass  nur der geringste Teil der Flüchtlingsströme zu uns nach Europa kommt. Fast 90% der Flüchtlinge werden von Entwicklungsländern aufgenommen. Und das ist eine  unglaubliche Leistung für zum Teil sehr arme Länder, die damit selbst an den Rand ihrer Kapazitäten und Leistungsfähigkeit kommen. Diese Länder benötigen und verdienen unsere Unterstützung, damit sie nicht selbst unter der Last zusammenbrechen.

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Vortrag Ethical Fashion Show Berlin 2016

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg auf der Ethical Fashion Show in Berlin, am 29. Juni 2016

Sehr geehrte Damen und Herren,

Mittlerweile fühle ich mich wie ein alter Hase auf der Ethical Fashion Show und freue mich wieder hier zu sein und zu sehen wie facettenreich nachhaltige Mode ist.
Ich darf ja nur wiederkommen, wenn ich Neuigkeiten aus dem Bündnis für nachhaltige Textilien mitbringe. Somit ist es ein gutes Zeichen, dass Sie mich heute hier sehen.

„Unserem Ziel, bis 2018 weit mehr als zwei Drittel des deutschen Textil-Einzelhandels dabei zu haben, sehe ich mit Zuversicht entgegen.“

Während andere Institutionen mit Austrittsbekundungen von schwergewichtigen Mitgliedern zu kämpfen haben, wächst das Textilbündnis immer weiter. Unserem Ziel, bis 2018 weit mehr als zwei Drittel des deutschen Textil-Einzelhandels dabei zu haben, sehe ich mit Zuversicht entgegen.

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg auf der Ethical Fashion Show 2016 2.0 in Berlin

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg auf der Ethical Fashion Show 2016 2.0 in Berlin

Unternehmen stehen heute unter einem immensen Druck. Einem immer härter werdenden internationalen Wettbewerb. Es geht um Schnelligkeit, Innovationen und Kosten. Dies darf jedoch keine Ausrede sein. Wir können nicht hinnehmen, dass Bekleidung für uns unter Bedingungen produziert werden, die wir hierzulande nie zulassen würden.
Aus diesem Grund hat unser Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unter der Leitung von Bundesminister Dr. Gerd Müller gesagt: Wir übernehmen Verantwortung, wir gründen das Bündnis für nachhaltige Textilien.
Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und die Bundesregierung: Gemeinsam setzen wir uns für bessere Standards in der Textilbranche ein, vom Baumwollfeld bis zum Bügel, und zwar weltweit!

Wo stehen wir derzeit mit dem Textilbündnis.

  1. Status Quo im Textilbündnis

Ich kann sagen, das Textilbündnis wächst immer weiter! Seit dem Start im Oktober 2014 [mit 34 Mitgliedern, 1% Marktabdeckung] haben sich die Mitglieder verfünffacht auf heute über 180 Organisationen.

  • Mehr als drei Viertel [120 Unternehmen] davon sind Unternehmen und Verbände.
  • Unter ihnen große Handels- und Markenunternehmen wie die Otto Group, H&M, C&A, Adidas oder Puma, aber auch Spitzenverbände wie der Einzelhandelsverband Deutschland, Textil+Mode und Außenhandelsvereinigung des deutschen Einzelhandels
  • Es sind ebenso Nachhaltigkeitspioniere wie hessnatur, Vaude, Maas Naturwaren GmbH und der IVN [Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft].
  • Mehr als 20 Nichtregierungsorganisationen und fünf Standardorganisationen sind Mitglied im Textilbündnis.
  • Und wir als Bundesregierung sind mit verschiedenen Ressorts wie BMAS, BMUB und wir als BMZ vertreten.

„Im Textilbündnis verpflichten sich alle Mitglieder, gemeinsam daran zu arbeiten, dass unsere Kleidung nach anspruchsvollen Standards hergestellt wird.“

Uns ist allen klar, dass wir nur im breiten Bündnis [mit verschiedenen Anspruchsgruppen, Perspektiven und Ressourcen] etwas in der Branche verändern können. Vor allem wenn wir alle gemeinsam Verantwortung übernehmen, dann muss niemand fürchten, sich schlechter zu stellen. Wenn er auf bessere Bedingungen achtet – auf faire Löhne, Arbeits- und Umweltschutz über die gesamte Lieferkette hinweg.
Im Textilbündnis verpflichten sich alle Mitglieder, gemeinsam daran zu arbeiten, dass unsere Kleidung nach anspruchsvollen Standards hergestellt wird.

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„Soziales Europa – die Bedeutung des christlichen Wertekontextes“

„Soziales Europa – die Bedeutung des christlichen Wertekontextes“
Ringvorlesung Wilhelm Löhe Hochschule, am 8.Juni 2016

Dr. Bernhard Felmberg, Ministerialdirigent im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

In diesen Tagen haben viele Menschen den Eindruck, die Welt sei aus den Fugen geraten:
Der Nahe Osten scheint zu zerfallen, Terror bedroht nicht mehr nur Afghanistan, Irak, Syrien und weite Teile Afrikas, sondern auch Europa. Der Konflikt mit Russland um die Ukraine scheint da fast schon eine Kleinigkeit zu sein. Die Flüchtlingskrise bringt Europa an die Belastungsgrenzen. Nicht so sehr an die wirtschaftlichen Belastungsgrenzen, sondern an die Grenzen der Solidarität.

Wenn man in der Entwicklungspolitik arbeitet und sozusagen für das Gute in der Welt zuständig ist, dann kommen zu diesen Herausforderungen natürlich noch weltweite Armut, das Bevölkerungswachstum, der Hunger und die Vertreibung dazu. Und wie wenn das alles nicht schon genug wäre, spüren wir überall auf der Welt die Folgen des Klimawandels.

„Und was liegt in Zeiten der Verunsicherung näher, als die einfachen Antworten der Populisten?“

Ja, die Welt ist aus den Fugen geraten. Das spüren die Menschen. Auch wenn Sie die einzelnen Zusammenhänge nicht benennen können, bleibt doch ein Gefühl der Verunsicherung, der Überforderung, der Orientierungslosigkeit. Und was liegt in Zeiten der Verunsicherung näher, als die einfachen Antworten der Populisten? In ganz Europa haben diejenigen Aufwind, die uns alle zurückwünschen in eine Zeit, die übersichtlicher war. Übersichtlicher, weil es noch Grenzzäune gab. Übersichtlicher, weil man nicht so sehr mit kultureller und religiöser Vielfalt konfrontiert wurde.

  1. I) Kernthese/ Überblick

Ich möchte heute mit Ihnen die Frage diskutieren, wie wir im Europa des 21.Jahrhunderts dieser Verunsicherung, dieser Orientierungslosigkeit und Komplexität begegnen können.

Keine wirklich leichte Aufgabe und Frage in einem Europa, das heute besteht aus: 27 Mitgliedsstaaten, über 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern, 25 Mitgliedsstaaten, die untereinander auf Grenzkontrollen verzichten, 16 Mitgliedsstaaten, die über eine gemeinsame Währung verfügen, ein Europa der Wirtschaft und Poli­tik, Diplomatie und Bürokratie, Verhandlungen und Verord­nungen, Währungsunion (oder eben nicht), Schengen und Verträgen.

Tatsächlich aber ist Europa weitaus mehr – so jedenfalls der Anspruch: Europa heißt auch Frie­den, Europa heißt Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechts­staatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte. Das sind die Werte, denen sich  Europa verpflichtet fühlt. Und deshalb lautet meine Kernthese auch:  Nur mit einem funktionierenden Wertekompass finden wir den Weg in die Zukunft!

Der Theologe Romano Guardini hat schon vor Jahrzehnten in seinem Buch „Tugenden. Meditationen über Gestalten sittlichen Lebens“ (erschienen  1967 in Würzburg) eine „Tugend-Liste“ aufgestellt, die aus 17 Begriffen besteht: Wahrhaftigkeit, Annahme, Geduld, Gerechtigkeit, Ehrfurcht, Treue, Absichtslosigkeit, Askese, Mut, Güte, Verstehen, Höflichkeit, Dank­barkeit, Selbstlosigkeit, Sammlung, Schweigen, die Gerechtigkeit vor Gott.

Tatsächlich  müssen auch wir uns wieder stärker mit dem auseinandersetzen, was Europa im Innersten zusammenhält. Europa ist nicht nur eine Freihandelszone, sondern eine Wertegemeinschaft. Und diese Werte basieren unter anderem auf unserer christlichen Tradition.

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1. Partnerkonferenz für die Süd-Nord-Komponente, Berlin

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg auf  der 1. Partnerkonferenz für die Süd-Nord-Komponente, Berlin

60 Akteure aus 26 Nationen, Vertreter/innen des Auswärtigen Amtes und 3 Botschaftsvertreter/innen diskutieren bei der 1. Süd-Nord-Partnerkonferenz in Berlin, vom 9.-13. Mai 2016, über die Weiterentwicklung des Weltwärts-Süd-Nord-Programms.

Sehr geehrte Damen und Herren, Exzellenzen, Vertreterinnen und Vertreter der Botschaften von Indien, Südafrika, Mexiko und Bosnien und Herzegowina,

sehr geehrte  Vertreterinnen und Vertreter des Auswärtigen Amtes,

sehr geehrte Repräsentanten des weltwärts Programms in Deutschland

und ganz besonders begrüße ich die Vertreter und Vertreterinnen aus unseren Partnerländern.

Herzlich willkommen zu der 1. Partnerkonferenz für die Süd-Nord-Komponente hier in Berlin!

Der von mir geschätzte Arzt und Theologe Albert Schweitzer sagte einst: „Die einzigen wahrhaft Glücklichen unter uns werden die sein, die den Weg zum Dienst gesucht und gefunden haben.“
Dieser Satz trifft auf Sie zu. Denn Sie sind Weltwärts-Freiwillige oder unterstützen Weltwärts-Freiwillige. Das heißt, Sie engagieren sich für andere und das Gemeinwohl. So handeln Sie ganz im Sinne der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung.

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg auf der weltwärts-Partnerkonferenz in Berlin, Mai 2016

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg auf der weltwärts-Partnerkonferenz in Berlin, Mai 2016 ©BMZ

Seit dem 01. Januar 2016 haben wir mit der Agenda 2030 einen Weltzukunftsvertrag. Erstmals haben sich alle Staaten der Welt geeinigt, gemeinsam Zukunftschancen zu schaffen:

  • für ein würdiges Leben aller Menschen dieser Welt und
  • für eine Entwicklung, die unseren Planeten nicht überfordert.

Um die Agenda erfolgreich umzusetzen, braucht es globales Lernen und eine starke Zivilgesellschaft. Den Rahmen dafür bilden globale Partnerschaften. Der entwicklungspolitische Lern- und Bildungsdienst weltwärts setzt genau hier an!

„Seit Beginn des Programms im Jahr 2008 sind rund 26.000 Freiwillige in über 80 Länder ausgereist.“

Viele junge Menschen haben Interesse daran, entwicklungspolitische Projekte im Ausland zu unterstützen. Daher hat das BMZ 2008 „Weltwärts“ ins Leben gerufen.
weltwärts ist in sieben Jahren zu einem Erfolgsmodell geworden. Das zeigen unter anderem die Zahlen des Programms. Hinter jeder Zahl verbergen sich spannende und individuelle Erfahrungen:

  • Seit Beginn des Programms im Jahr 2008 sind rund 26.000 Freiwillige in über 80 Länder ausgereist.
  • Aktuell setzen 155 zivilgesellschaftliche Entsendeorganisationen und zahlreiche Partnerorganisationen die Nord-Süd-Komponente
  • Und schon seit 2013 empfangen wir in Deutschland Freiwillige aus unseren Partnerländern mit der weltwärts Süd-Nord Komponente. Bis heute haben 456 Freiwillige daran teilgenommen.

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Kann die Zukunft der Welt über einen Vertrag geregelt werden?

Ministerialdirigent Bernhard Felmberg
„Kann die Zukunft der Welt über einen Vertrag geregelt werden?“ im Rahmen des Deutschen Stiftungtags, am 12. Mai 2016 in Leipzig

Wir sind Eine Welt. Das führen uns die größten Flüchtlingsströme seit dem Zweiten Weltkrieg eindringlich vor Augen. Hunderttausende suchen derzeit in Europa Schutz vor Gewalt, Krieg und Elend. Sie suchen Perspektiven für sich und ihre Kinder.
Was viele nicht wissen: Weltweit sind 60 Millionen Menschen – innerhalb oder außer­halb ihrer Heimat – auf der Flucht. Und nur ein Bruchteil kommt – bisher – zu uns. 90% der Menschen finden Aufnahme in Nachbarländern, viele davon selbst Entwick­lungsländer. Es ist eine humanitäre Verpflichtung und in unserem ureigenen Interesse, diesen Menschen vor Ort zu helfen, so wie es das BMZ schon seit langem tut.
Der Klimawandel wird weitere Flüchtlingsbewegungen in Gang setzen. Schon jetzt verlassen deshalb jedes Jahr 20 Millionen Menschen ihr Zuhause. Immer öfter werden Dürren und Hungersnöte wie Brandbeschleuniger für Konflikte wirken.

„Ob unsere Kinder und Enkel in einer friedlicheren Welt leben oder noch weitaus dramatischere Flüchtlingskrisen erleben werden als heute, wird davon abhängen, wie sich andere Länder entwickeln können.“

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg ©BMZ

Der Weltzukunftsvertrag geht uns alle an!

Ob unsere Kinder und Enkel in einer friedlicheren Welt leben oder noch weitaus dramatischere Flüchtlingskrisen erleben werden als heute, wird davon abhängen, wie sich andere Länder entwickeln können. Und wie gut es uns in den so genannten entwickelten Ländern gelingt, unser eigenes Entwicklungsmodell nachhaltig zu machen.
Im vergangenen Jahr hat sich die Weltgemeinschaft auf 17 gemeinsame Ziele für nachhaltige Entwicklung verständigt, die bis 2030 erreicht werden sollen. Alle 193 Staaten haben der so genannten „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ zugestimmt. Minister Müller spricht gerne auch kürzer und pointierter vom „Welt­zukunfts­vertrag“. Die Agenda 2030 löst die Ihnen sicherlich bekannten Millennium­entwicklungsziele ab und geht weit über diese hinaus.
Zu den Zielen gehören die Beendigung der Armut in allen Formen und überall, die Überwindung von Hunger, ein gesundes Leben für Menschen jeden Alters, inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung, die Gleichstellung der Geschlechter, die Verfügbarkeit von Wasser und Sanitärversorgung und viele mehr. Zu den Zielen gehören auch die Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern, weltweit nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen und Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen zu ergreifen.Sie sehen: Der Weltzukunftsvertrag geht uns alle an!
Nicht nur die so genannten „Entwicklungsländer“ werden sich verändern müssen. Sondern auch wir, die „Industrieländer“, werden zu Entwicklungsländern. Denn der bisherige fossile Entwicklungspfad taugt nicht für weitere sieben, acht oder neun Milliarden Menschen (siehe Klimawandel!).
Wir müssen zusammen denken, was nur zusammen erreicht werden kann: Armuts- und Hungerbekämpfung, Umwelt- und Klimaschutz, Gleichberechtigung, Rechtsstaatlichkeit und all die anderen Ziele.

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Entwicklungspolitik als Wirtschaftspolitik? Hanns-Lilje Forum 2016, 27. April 2016, Hannover

Entwicklungspolitik als Wirtschaftspolitik?
Vom Potenzial eines unterschätzten Politikfelds

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg auf dem Hanns-Lilje Forum 2016,
27. April 2016, Neustädter Hof- und Stadtkirche, Hannover

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg auf dem Hanns-Lilje Forum in Hannover Foto: Hanns-Lilje-Stiftung / Jens Schulze

Ministerialdirigent Dr. Bernhard Felmberg auf dem Hanns-Lilje-Forum in Hannover
Foto: Hanns-Lilje-Stiftung / Jens Schulze

Liebe Frau Dr. Springer (Präsidentin des Landeskirchenamtes der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers), lieber Prof. Dr. Dahling-Sander (Geschäftsführer Hanns-Lilje-Stiftung), meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich, heute bei Ihnen hier in Hannover sein zu können. Wussten Sie, dass die Stadt Hannover eine der ersten sogenannten Fair Trade Towns in Deutschland war?
Seit 2010 hat sich Hannover in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der Förderung des Fairen Handels verschrieben. Mittlerweile gibt es über 400 solcher Städte und Gemeinden in Deutschland! Durch den Verkauf fair gehandelter Produkte werden Lebens- und Arbeitsbedingungen von 1,5 Mio. Bauern und Arbeitern, von über 6 Millionen Menschen insgesamt weltweit positiv verändert. Eine Branche die ständig wächst!

Fairer Handel 2014: Absatz gut 1 Mrd. Euro (+31% zu 2013), davon Produkte mit Fairtrade-Siegel 797 Mio. Euro (+ 22%).

„Eine erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit braucht die Wirtschaft. Und ein erfolgreiches Engagement von Firmen in Entwicklungs- und Schwellenländern profitiert von den Aktivitäten und Angeboten der EZ.“

Davon profitieren Menschen in unseren Partnerländern und Wirtschaft gleichermaßen! Und genau darüber wollen wir heute hier reden. Übrigens fördert das BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) den jährlichen Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“. Derzeit ist Saarbrücken Trägerin des Titels. Vielleicht demnächst auch Hannover.
Für mich ist klar: Statt der Frage „Entwicklungspolitik als Wirtschaftspolitik?“ können wir in jedem Fall ein Ausrufezeichen setzen: Entwicklungspolitik ist Wirtschaftspolitik! Ohne Wirtschaft keine (nachhaltige) Entwicklung, weder bei uns in Deutschland noch in unseren Partnerländern!
Durch die deutsche Entwicklungspolitik unterstützen wir nicht nur die Voraussetzungen für Wachstum in unseren Partnerländern, sondern zielen auch auf dessen Qualität:
Ob und inwiefern mehr menschenwürdige Beschäftigung geschaffen wird, ob arme Bevölkerungsteile vom Wachstum profitieren und ob Wirtschaftswachstum umweltfreundlich und ressourcenschonend ist, hängt maßgeblich von der Wirtschaftspolitik eines Landes ab.

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