Sportbeauftragter der EKD, Dr. Bernhard Felmberg, am 6. Februar 2014, in „Die Kirche“
Aus den Fugen geraten?
Die Olympische Bewegung steht vor einem Scheideweg
Die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft nach Katar und die der 22. Olympischen Winterspiele in das subtropisch gelegene Sotschi machen deutlich, dass die Welt der sportlichen Großereignisse „etwas“ aus den Fugen geraten ist. Alles riecht zu offensichtlich nach Korruption, Macht und Geld. Die Olympische Bewegung steht vor einem Scheideweg.
„Die Olympischen Spiele bringen die sportliche Elite der Welt zusammen.“
Ein „Weiter so“ kann es nicht geben. Olympische Spiele müssen stärker im Kontext von Politik und Ökologie gesehen werden, wenn sie zukunftsfähig sein wollen. Auch die ehrenwerteste Marke verspielt ihren Wert, wenn sie sich von dem entfernt, was ihr Markenkern ist. In der Präambel der Olympischen Charta lesen wir: „Ziel des Olympismus ist es, den Sport in den Dienst der harmonischen Entwicklung der Menschheit zu stellen, um eine friedliche Gesellschaft zu fördern, die der Wahrung der Menschenwürde verpflichtet ist.“ Die Olympischen Spiele bringen die sportliche Elite der Welt zusammen. Ohne Zweifel – und die restliche Welt nimmt starken Anteil daran. Dies wird auch in diesem Jahr der Fall sein. Die Welt wird nach Sotschi schauen. Dabei sein ist eben alles – und sei es am Bildschirm.
Dies tun wir im Wissen um die Diskriminierungen, die im Russland Putins an der Tagesordnung sind und wir nehmen Anteil an der Diskussion, ob und welcher Politiker nun zu den Spielen fährt oder nicht. Wir tun dies auch in der Hoffnung, dass sich etwas ändern möge durch die Aufmerksamkeit, die Sotschi und Russland in diesen letzten Wochen durch die Spiele erfahren.
Und was macht die Evangelische Kirche? Wir sind durch jeweils einen Pfarrer bei den Olympischen und bei den Paralympischen Winterspielen vertreten. Sie halten im Ehrenamt den Kontakt seit Jahren zu den Olympioniken und sind als Seelsorger „mittendrin“. Das ist gut so, denn der mündige Athlet weiß um den Wert dieser pastoralen Begleitung. Diese spiegelt sich in vielen Gesprächen, Andachten und Gottesdiensten wider. Aber sagen wir als Kirche auch etwas zur Menschenrechtssituation und zum Beispiel der Diskriminierung Homosexueller?
Ja, das tun wir. Wir tun es nicht in dem veröffentlichten Gebets- und Meditationsheft, „mittendrin“, das den Athletinnen und Athleten in die Hand gegeben wurde. Dort gehört es nicht hin. Wir tun es seit Jahren auf dem ökumenischen Weg. Denn um die Situation der Menschenrechte in Russland zu verändern, muss sich auch die Russisch-Orthodoxe Kirche bewegen. Nicht zuletzt Putin stützt sich auf seine Kirche, wenn er sich über Homosexualität äußert. Diesen Dialog zu führen, lohnt der Mühe. Er ist wertvoller als ein Ruf nach „Boykott“. Dieser bringt keiner Seite etwas. Das hat die Vergangenheit gezeigt. Der neue Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, weiß um die Veränderung des Weges, den die olympische Bewegung zu gehen hat. Mit dem Deutschen Olympischen Sportbund sind wir in diesen Fragen intensiv im Gespräch. Und weil das so ist, bin ich froh, dass wir in Sotschi als Evangelische Kirche dabei sind. Eben: „mittendrin“ im Gespräch und nicht im Abseits.
Ein Kommentar von Bernhard Felmberg, in „Die Kirche“